15.01.2019

Heimerziehung in der DDR

keine heimKINDEREIEN
- Heimerziehung in der DDR -



Unser Projekt keine heimKINDEREIEN ist ein Film- und Fotoprojekt, das durch eine Begleitbroschüre und durch diese Präsentation im Internet ergänzt wird. 

Film-DVD und Begleitbroschüre mit Interview-DVD zum Film.

Das Thema „Heimkinder“ war lange Zeit ein „Stiefkind“ des öffentlichen Dialogs. Heime waren immer in großer Zahl sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland vorhanden, doch erschienen sie, wenn man vom medialen Interesse ausgeht, als eine Art abgeschottete Inseln, von denen man zwar wusste, dass es sie gab, die man aber, wenn es nicht unbedingt notwendig war, lieber aus dem eigenen Bewusstsein verdrängte.Unser Projekt will dazu beitragen, gerade diesem Vergessen entgegenzutreten und in Film und Broschüre eine Basis zu bilden, welche die Möglichkeit bietet, die Problematik „Heimerziehung“ und „Heimkinder“ in unterschiedlichem Rahmen zu diskutieren.

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Aus dem Vorwort

Die Heimerziehung in der Deutschen Demokratischen Republik umfasst die Fremdunterbringung in Heimen in der Ära von 1947 bis 1989. Seit 1951 wurde zwischen den Grundtypen Normal- und Spezialkinderheim unterschieden. Zu letzteren sind die besonders immer wieder in den Medien hervorgehobenen Jugendwerkhöfe zu zählen, wobei das Medieninteresse sich grundsätzlich vor allem an den Spezialkinderheimen der DDR orientierte und gegenwärtig auch noch orientiert. Einerseits berechtigt, da die dort Opfer sinnloser Gewalt und ideologischer Indoktrination gewordenen Personen nun endlich ihre Stimme erheben können, gehört und rehabilitiert werden. Dennoch bleibt es ein Defizit der Aufarbeitung der Heimgeschichte der DDR, dass die sogenannten „Normalkinderheime“ oft außerhalb des Interesses blieben, da es hier gerade in Bezug auf Bemühungen der gesellschaftlichen Integration, Erziehung zur wirtschaftlichen Selbständigkeit und auch zum respektvollen Umgang der Geschlechter untereinander doch pädagogische Konzepte zum Tragen kamen, die man aus der heutigen Perspektive durchaus als „modern“ bezeichnen kann.


Zur Situation in Lichtenberg

Der Bezirk Lichtenberg hat sowohl historisch gesehen als auch aktuell einen direkten, engen Bezug zu Problematiken, die mit Kinderheimen zu tun haben.

Kinderheime im Bezirk Lichtenberg (Geschichte und Gegenwart)

Das wohl im Bezirk bekannteste ehemalige Waisenhaus ist das ehemals am Rummelsburger See gelegene Friedrichs-Waisenhaus. Dieses Waisenhaus hob sich hinsichtlich baulicher Voraussetzungen, innerer Struktur und Umgang mit den Kindern deutlich von den die damalige Zeit insgesamt prägenden Einrichtungen für Waisen ab. Wie folgt beschreibt Thomas Thiele, der Leiter des Heimatmuseums Lichtenberg, in seinem Vorwort zur Begleitbroschüre einer diesem Kinderheim gewidmeten Ausstellung die damaligen Zustände:
Die Großzügigkeit der Anlage und die Berücksichtigung von hygienischen und medizinischen Erkenntnissen ließen das Waisenhaus zu einem vorbildlichen Beispiel für den Wandel im Menschenbild und den Umgang mit den sozial Benachteiligten der damaligen Zeit werden. Die Kinder in Rummelsburg fanden Bedingungen vor, die sich grundlegend von denen im alten Friedrichs-Waisenhaus am Mühlendamm unterschieden. Das neue Waisenhaus steht in einer Reihe und chronologisch an erster Stelle mit dem später errichteten Arbeitshaus Rummelsburg sowie der Irrenanstalt Herzberge.“ 

Das Friedrichs-Waisenhaus in Rummelsburg.

Dieses Waisenhaus diente bis 1953 seinem ursprünglichen Zweck (Schließung wegen der erheblichen durch den Krieg hervorgerufenen und nicht beseitigten Zerstörungen).

Interview 1: Museum Lichtenberg im Stadthaus:
Dr. Thomas Thiele (Leitung) und Dr. Dirk Moldt (Archiv- und Sammlungsleitung).


Ein weiteres „geschichtsträchtiges“ Kinderheim des Bezirks Lichtenberg ist das Dr. Janusz Korczak-Haus am Tierpark.
Die Einrichtung an sich wurde als Kinderheim noch zu DDR-Zeiten im Jahre 1980 gegründet. Es handelt sich vom Äußeren her um einen Plattenbau mitten im Neubaugebiet am Tierpark.
Seit das Haus für Kinder und Jugendliche im Jahre 1994 aus kommunaler Trägerschaft an das Evangelische Jugend- und Fürsorgewerk (EJF) übergegangen ist, wurden auch die Mittel für einen Umbau eingesetzt. Das EJF wurde 1894 gegründet und unterhält 29 Einrichtungen in Berlin und Brandenburg. Laut einem Bericht aus dem Jahre 1995 gab es im Korczak-Haus drei altersgemischte Gruppen, zwei Jugendgruppen, einen Mutter-Kind-Bereich, Jugendwohngemeinschaften und altersgemischte Außenwohnungen (insgesamt 120 Plätze).

Das Dr. Janusz Korczak-Haus am Tierpark im November 2018.

Wichtig in der pädagogischen Praxis sind den Mitarbeitern die Annahme jedes Kindes in seiner Individualität, Entwicklung von Selbständigkeit und die Befähigung zu Beziehungen und gewaltfreier Konfliktlösung. Die Mädchen und Jungen sind zwischen sechs und 18 Jahren alt, haben keine Eltern mehr oder die Familien sind aus verschiedensten Gründen mit der Erziehung überfordert. Das Haus unterhält internationale Beziehungen. Zu Feierlichkeiten werden gerne als Gäste Vertreter des Warschauer Korczak-Hauses und „Korczakianer“ aus den Niederlanden eingeladen.
Das Haus verfügt gegenwärtig über unterschiedlichste Gruppen und Betreuungsangebote.

Weitere historische Stätten, die ehemals ein Kinderheim waren, sind die Durchgangsheime Lichtenberg (Möllendorffstr. 62-69) und Alt-Stralau (Alt-Stralau 34, 10245 Berlin).  
Durch die Bezirksrevision befindet sich der Ort des Heimes Alt-Stralau (jetzige Thalia-Grundschule), an dem eine Gedenktafel angebracht wurde, inzwischen zum Bezirk Friedrichshain/Kreuzberg gehörig, doch historisch gesehen liegen die Wurzeln in Lichtenberg.
Zu DDR-Zeiten war dies ein Durchgangsheim für Kinder und Jugendliche, die nach den Normen des SED-Staates auffällig geworden waren.
In dem Heim herrschten menschenunwürdige Zustände, wurden die Insassen psychisch und körperlich drangsaliert, wie einstige Bewohner und ein ehemaliger Erzieher bei einem Symposium berichteten.
Das Erziehungssystem im Durchgangsheim:
1946 zunächst als Hauptpflegeheim für Mädchen in der Stargarder Strasse 74 eröffnet, zog das Heim 1952 in die ehemalige Gemeindeschule in Alt-Stralau 34. Um, wie in den Bauunterlagen formuliert, ein Entweichen zu verhindern, wurden von Anbeginn umfangreiche Sicherungsmaßnahmen wie Fenstergitter oder mehrfache Türsicherungen eingebaut. Die Einrichtung erhielt einen gefängnisartigen Charakter, der zusätzlich durch einen strengen, restriktiven Tagesablauf gekennzeichnet war. Das fand auch seinen Ausdruck in Schlägen mit dem Schlüsselbund, Essensentzug und der »Absonderung« von vermeintlich widerständigen Kindern und Jugendlichen in 3 Isolationszellen. Hinzu kam der Zwang zur Arbeit. Junge Insassinnen im Alter von 13 bis 17 Jahren wurden ab 1956 in verdeckten Lastwagen zur Verarbeitung von Schlachttieren in verschiedene Fleischfabriken gebracht. Bei Minderleistungen drohte Ihnen Isolationshaft – oft über Tage. Ab 1959 wurden die Mädchen auch beim Süßwarenwerk VEB Venetia eingesetzt.
Quelle: Museum Lichtenberg.

Das ehemalige Durchgangsheim Alt-Stralau im April 2018.

Das ehemalige Kinderheim „Paul Zobel“ in der Lichtenberger Jacques-Duclos-Straße 66-68 (heute Möllendorffstr. 68, 10367 Berlin) war bis 1945 Standort einer Heilstätte der Landesversicherungsanstalt, vormals Heilstätte vom Roten Kreuz. Das Kinderheim wurde in den 1950er Jahren gebaut. Heute ein Standort vom RBO Reha-Zentrum.   
Die Möllendorffstraße hieß bis 1910 Dorfstraße und von 1976 bis 1991 Jacques-Duclos-Straße.
Hier sollen weitere Recherchen noch Näheres zu der Geschichte des inzwischen geschlossenen Heims und deren ehemaligen Bewohnern ergeben.

Es ist an dieser Stelle im Moment nicht möglich, alle historischen und noch aktiven Kinderheime im Bezirk Lichtenberg aufzuzählen. An dieser Stelle sei aber noch das größte Kinderheim im Bezirk erwähnt: Kinderhaus Berlin – Mark Brandenburg e. V. (Neustrelitzer Str. 57, 13055 Berlin), das ehemalige Kinderheim „Olga Benario-Prestes“.
Das neue Kinderheim „Olga Benario Prestes“ in Berlin-Hohenschönhausen, Stadtbezirk Weißensee, wurde am Montag feierlich eröffnet. Kinder und Jugendliche aus allen Stadtbezirken erhielten damit ein neues schönes Zuhause. In den wohnlich ausgestatteten Räumen des Gebäudes leben 285 Mädchen und Jungen im Alter von drei bis 18 Jahren.
Quelle: ND vom 03.11.1981.

DDR-Gedenkmedaille für Olga Benario-Prestes.

Das Kinderhaus wurde 1993 gegründet. Es ist eine sozialpädagogische Einrichtung, in der Kinder und Jugendliche in 43 unterschiedlichen Teilprojekten von der Mutter-Vater-Kind-Wohngruppe bis zum betreuten Einzelwohnen leben. Auch eine Förder- und Integrationskindertagesstätte sowie vier weitere Kindertagesstätten gehören zum Kinderhaus-Verbund.
Das Kinderhaus stellt ein Gesamtprojekt mit derzeit ca. 43 Teileinrichtungen dar. Die Palette der Teilprojekte umfasst folgende Arbeitsbereiche: Tagesgruppe, ambulante Betreuung, Verselbständigungsgruppen, BEW/WGs, Regelgruppen, innewohnende Erziehungsgruppen, Familienintegrationsgruppen, Mutter-Vater-Kind-Projekt, Hof un(d) Sinn, Kleingruppen mit besonderer Prägung, Kitas und Erziehungsstellen.

Das Kinderhaus Berlin - Mark Brandenburg e. V. im April 2018.

Das Kinderhaus-Projekt realisiert eine flexible, auf die Betreuten bezogene Arbeit. Die Projekte müssen sich den Bedürfnissen der jungen Menschen anpassen und nicht umgekehrt. Das Kinderhaus verfolgt eine ganzheitliche Sicht auf die betreuten Kinder und Jugendlichen und bezieht deren soziale Hintergründe intensiv mit ein. Es realisiert ein Lebensweltkonzept. Das Kinderhaus ist mit seinen Projekten im Kiez vor Ort und somit Bestandteil realer Lebensbezüge.


Kinderheim „Sonnenland“, Rodewisch/Vogtland (1950er – 1970er Jahre)

Das ehemalige Kinderheim im Mai 2018.

Szene 10: Kinderheim „Sonnenland“ in Rodewisch, Vogtland.

Thomas: Aus meinen Erinnerungen an meine Tante und meinen Onkel aus Rodewisch im Vogtland habe ich dies notiert. Ein paar interessante Fotos und Zeitungsartikel konnten sie mir zur Verfügung stellen.

Beide, inzwischen weit über 80 Jahre alt, waren lange Zeit als Erzieherin und Erzieher im Kinderheim „Sonnenland“ in Rodewisch, im Vogtland tätig. Bereits als junge Erwachsene starteten beide, die selbst in ihrer Ehe kinderlos bleiben sollten, in den 50er Jahren ihren beruflichen Lebensweg in dieser staatlichen Einrichtung.
Noch heute sprechen sie stolz nach all den Jahren über das, was sie dort geleistet haben.    
In den 1950er Jahren mussten aus „Nichts“ Mäntel für die Kinder genäht werden. Sie erlebten und organisierten die ersten Umbauten an der ehemaligen Villa, so z. B. den Umbau der ehemaligen Reithalle zu einem modernen Heizhaus um 1968.    
Freude über das Geleistete spiegelte sich auch in dem 1977 eingeweihten neuen Bettenhaus wider. Hier standen moderne 4 Bett-Zimmer für die Kinder und Jugendlichen zur Verfügung. In diesem Neubau waren auch großzügig gestaltete Gruppenräume untergebracht, ebenso verschiedene Räume für die Zöglinge wie Bastel- und Werkstatträume sowie Nähstube und sogar ein Lehrschwimmbecken. Meine Tante übernahm hier die „kleineren“ und mein Onkel die „größeren“ Kinder bzw. Jugendlichen.   
Auch noch gut im Gedächtnis sind die vielen Freizeit- und Ferienaktionen, die von ihnen initiiert, organisiert und betreut wurden. Die vielen hilfreichen Aktionen der Patenbrigaden sind ebenso noch gut in Erinnerung der beiden. Hilfreich ist der dicke Ordner, wo einige „Zeitzeugen“ wie Bilder, Artikel und andere Schriftstücke aufbewahrt werden.

In der Anfangszeit waren die Erzieherinnen und Erzieher mit im Heim untergebracht und lebten so mit „ihren Kindern“, damals nur bis zur 4. Klasse, als „große Familie“ unter einem Dach. Da waren die Wege kurz für all die „kleinen“ und „großen“ Sorgen der Kinder. Da wurde auch schon mal „außerhalb“ der Dienstzeit stolz eine gute Schulnote vorgezeigt. Mit dem Voranschreiten des Wohnungsbaus in Rodewisch ging diese enge Bindung zwischen Zöglingen und ErzieherInnen in den Folgejahren immer mehr verloren.   
Stolz berichteten sie auch, wie dankbar einige „ihrer Kinder“ waren, wenn sie manchmal übers Wochenende mit zu ihnen nach Hause gehen konnten und hier ein „normales“ Familienleben erleben durften, weil in ihrer eigenen Familie das oftmals nicht möglich war.   
Mein Onkel berichtete mir auch, wie durch sein Vorbild und Engagement sogar einer seiner Jugendlichen „Deutscher Meister“ im Judo in seiner Altersklasse wurde. Als er aus dem Heim entlassen wurde, hat er alles weggeworfen, auch seine Medaillen und Urkunden. Nach Jahren kam er zu meinem Onkel und fragte ihn, ob er zufällig die Medaille „Deutscher Meister“ damals doch aufgehoben hätte, seine zukünftige Frau glaubt ihm nicht, dass er mal Deutscher Meister war. Er konnte helfen und die Freude war riesig. Bei solchen Erzählungen strahlen noch heute seine Augen.

Bilder aus dem Heimalltag: Patenbrigade beim Gewächshausbau; Kinder bei Freizeitbeschäftigungen.

War in den Anfangsjahren der frühen 50er nur „Einheitskleidung“ möglich, die aus alten Stoffresten genäht wurde, so verbesserte sich das in den Folgejahren. Später sind die ErzieherInnen der Gruppen mit ihren Kindern regelmäßig „shoppen“ gegangen und haben vom zur Verfügung stehenden Kleidungsgeld zusammen eingekauft.

In den 1950er Jahren gab es „Heimklassen“ in der Schule. Die ErzieherInnen mussten ihre Zöglinge in die Schule bringen. Die Lehrer waren nicht sehr begeistert und dieses System der schulischen Bildung wurde bald abgeändert und die Heimkinder wurden in „normale“ Klassen integriert.  
Wie wichtig die Schulbildung war zeigt sich auch darin, dass die Lehrer im pädagogischen Rat berichten mussten, was sie zur Förderung der Heimkinder, wie zum Beispiel das Schließen von Wissenslücken in dem einen oder anderen Unterrichtsfach, unternommen hatten.
Auszug aus dem Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem, § 20, Abs. 1:
Elternlosen und entwicklungsgefährdeten Kindern und Jugendlichen ist eine positive Entwicklung im Sinne des sozialistischen Erziehungsziels zu sichern.
Quelle: Einladungskarte zur Festveranstaltung am 19. Juni 1966 zum 15-jährigen Bestehen des Kinderheimes „Sonnenland“.
Durch das Führen eines „Buches der guten Taten“ wurden die Kinder und Jugendlichen motiviert. So zum Beispiel verbesserten sich die schulischen Leistungen, bei Altstoffsammlungen wurden gute Resultate erzielt und die Bereitschaft stieg, in Arbeitsgemeinschaften und Zirkeln mitzuwirken.

Ein Highlight für die Kinder und Jugendlichen war der jährliche Heimaustausch, wo alle Kinder und ErzieherInnen „Ferien“ erlebten, so unter anderem auch „Zelturlaube“ in Freibädern, wo die naheliegenden Kioske die Verpflegung übernahmen. Beliebt waren auch die „Ferienaktionen“, zu denen die anderen Kinder sowie die Lehrer aus der Schule eingeladen wurden. Das jährliche „Indianerfest“ war schon ein Spaß, wenn die Kinder und ErzieherInnen als Indianer verkleidet durch die Stadt zogen und so für „Aufsehen“ sorgten. Freude bereiteten auch die Auftritte mit einem kleinen Kulturprogramm im Altenheim.

Durch ihre Initiative konnten im weitläufigen Außengelände auch u. a. eine Beerenplantage und eine Hühnerzucht ohne fremde Mittel aufgebaut werden.
Mit Unterstützung der Patenbrigade des VEB Elektrogeräteschaltwerk wurde sogar ein Gewächshaus errichtet und mit Hilfe der Patenbrigade des VEB STR Rodewisch ein Ententeich angelegt. Ebenso konnten mit der Unterstützung der Patenbrigaden jedem Heimkind persönliche und für die Ausstattung des Heimes gedachte, wie zum Beispiel Spielzeug, Weihnachtsgeschenke überreicht werden.

Auszug aus einem Zeitungsbericht der Freien Presse, 1977.

Später kamen neben den „kleinen“ Kindern bis zur 4. Klasse auch noch ältere Kinder und Jugendliche und noch später auch Jugendliche im Lehrlingsalter in dieses Heim.
So berichteten sie auch über Probleme mit Kindern und Jugendlichen, die sich nicht in das System einfügen wollten, von Zöglingen, die mit ihren jungen Jahren zum Beispiel bereits eine kriminelle Vergangenheit hinter sich hatten und schnell auch mal aggressiv reagierten und sogar handgreiflich gegenüber ErzieherInnen wurden. Solche als „schwererziehbar“ eingestuften Jugendlichen wurden zuerst in ein „normales“ Kinderheim eingewiesen. Wenn die Integration in das Heim hier nicht funktionierte, erfolgte eine Überweisung in ein Spezialkinderheim.

In den ersten Jahren herrschte viel weniger „Bürokratie“ wie zum Beispiel geforderte Gruppen- und Heimversammlungen sowie Berichte. Der erste Heimleiter sagte:
Das wichtigste sind uns die Kinder.
Stolz sind beide auch heute noch, wenn sie in der Stadt gegrüßt und angesprochen werden von ehemaligen Heimkindern, die heute selbst schon Erwachsene sind, Familien gegründet haben und auch selbst schon wieder Kinder und Enkel haben.
Ein ehemaliger Skispringer der DDR verbrachte als Kind viel Zeit im Kinderheim, weil seine Mutter hier angestellt war. Seine Äußerungen über diese Zeit sind nur positiv. Dank moderner Technik findet man auch in den Tiefen des Internets einige Informationen wie zum Beispiel diese:
Dank fortgeschrittener Technik finde ich heute mein geliebtes Rodewisch wieder, wo ich von 1970-1979 meine Kind- und Jugendzeit liebevoll und behütet erleben durfte (Kinderheim Sonnenland).
Quelle: rodewisch.rene-weiss.de/seiten/guestboard.html.

Ende der 1970er Jahre führten Meinungsverschiedenheiten und Diskrepanzen mit der Heim- und Kreisleitung der SED dazu, dass mein Onkel seine Tätigkeit im Kinderheim „Sonnenland“ nach 23 Jahren aufgab und zur „Station Junger Naturforscher und Techniker“ Falkenstein bei Auerbach, der späteren Pionierstation und Pionierhaus „Max Hoelz“, wechselte. Hier als Leiter der AG „Junge Techniker“ konnte er weiter seinen Idealen im Umgang mit Kindern und Jugendlichen nachgehen, sie anleiten, für etwas begeistern, sie motivieren und fördern.
Während seiner Zeit als Erzieher im Kinderheim fertigte er auch eine Chronik des Heimes an. Was aus ihr geworden ist, konnten wir bis jetzt nicht klären.

Nach der Wende ging das staatliche Kinderheim in die Trägerschaft der Kirche über. Am 01.01.1994 begann die Diakonie Auerbach wieder ihre Arbeit mit Waisenkindern. Ab den 2000er Jahren war die Zahl der Kinder so gering geworden, dass das Heim als solches nur noch bis zum November 2002 genutzt wurde.    
2005 beschloss der Kreisausschuss, das Heim an die Sonnenland GmbH zu verkaufen. Seitdem verfällt der Bau zusehends immer mehr.


Susanne Knabe: Tochter von Eltern mit Republikfluchtabsichten (1970er – 1980er Jahre)

Susanne Knabe, 48, Facharbeiterin Textilpflege, Melkerin, Altenpflegerin, Heiminsassin 1970 - 1978 und 1980 - 1989.

Aus der Akte (7 Jahre); ihre Eltern saßen in Haftanstalten in Hohenschönhausen; während der Dreharbeiten Juni 2018.

Interview 2: Susanne Knabe.


Corin Herrford: Erzieherin im Kinderheim „Wilhelm Pieck“ in Pritzhagen (Ende 1980er Jahre)

Corin Herrford, 51, Leiterin einer geschützten Betriebsabteilung, ehemalige Erzieherin in Einrichtungen der Jugendhilfe der DDR und BRD.

Kinderheim "Wilhelm Pieck" in Pritzhagen in den 1980er Jahren. 
 
Das ehemalige Kinderheim, jetzt "Haus Tornow" im September 2005. 

Interview 3: Corin Herrford.


Das Projekt:



Gefördert durch:
ESF-Mikroprojekte / lokaler sozialer Zusammenhalt sowie LSK-Mikroprojekte des Landes Berlin.


  
   

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